Einleitung
Die Schweiz hat auf verschiedenen Ebenen an internationalen Verhandlungen, Aktivitäten und Programmen teilgenommen. Dabei wird sie gerade dank ihrer Erfahrungen mit einer multifunktionalen Landwirtschaft und ihrem Wissen in den Bereichen nachhaltiger Land-und Ernährungswirtschaft gehört. Auf dieser Basis wurden die Handelsbeziehungen weiter vertieft. Das konstante Engagement der Schweiz an der UNO und im spezifischen an der FAO wurde von den Partnerländern geschätzt.
So hat sich die Schweiz im Rahmen der UNO in den letzten Jahren international stark für die Entwicklung der Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) engagiert. Die Agenda 2030 bündelt die nationalen und internationalen Anstrengungen für gemeinsame Lösungen bei globalen Herausforderungen wie etwa dem Ressourcenverbrauch oder dem Klimawandel. Somit ist sie auch Bezugspunkt für die Nachhaltigkeitspolitik der Schweiz. Der Bundesrat misst der Agenda 2030 eine hohe Bedeutung bei. Im Dezember 2018 hat er ihre Umsetzung durch eine neue bundesinterne Organisationsstruktur gestärkt. Kernelemente sind die Schaffung eines interdepartementalen Direktionskomitees und die Wahl von zwei Delegierten. Die neue Struktur ermöglicht die vollständige Verankerung der Agenda 2030 in der Verwaltung.
Des Weiteren setzt sich die Schweiz in verschiedenen Foren mit Nachdruck für nachhaltige Ernährung ein, unter anderem im Rahmen des One Planet (10YFP) Sustainable Food Systems (SFS) Programme, der Verhandlungen zu den kommenden Richtlinien zu Ernährungssystemen und Ernährung des Welternährungsausschusses (Committee on World Food Security) sowie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Die Ernährung soll nicht nur gesund für das Individuum, sondern auch nachhaltig produziert worden sein und nachhaltig konsumiert werden.
Auch im Bereich der Biodiversität nimmt die Schweiz auf dem internationalen Parkett eine führende Rolle ein. Im Februar 2019 veröffentlichte die FAO (Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen) den ersten Weltzustandsbericht zur Biodiversität in Landwirtschaft und Ernährung. Der weltweite Zustand der Biodiversität ist bedroht, die Abnahme bedenklich. Zudem läuft der an der 10. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention (CBD) verabschiedete strategische Rahmen zur Umsetzung ihrer Ziele, den sogenannten Aichi-Targets, im Jahr 2020 aus und ist durch eine neue Strategie zu ersetzen. Die Schweiz setzt sich insbesondere in verschiedenen Gremien der FAO für eine Integration der Biodiversität in allen Sektoren der Landwirtschaft ein.
In vielen weiteren wichtigen Themen wie Ernährungssicherheit, nachhaltige Nutztierhaltung und der nachhaltigen Entwicklung der Berggebiete ist die Schweiz massgeblich an der Entwicklung von normativen Rahmenbedingungen beteiligt und zeichnet sich auch durch ihr Engagement in verschiedenen Gremien der FAO aus. Dieses Engagement bleibt in Anbetracht der seit drei Jahren wieder steigenden globalen Hungerzahlen wichtig.
Vor dem Hintergrund der Handelskrise zwischen den USA und China haben die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft ihre Handelsbeziehungen weiter ausgebaut. Beispielsweise hat die EU, die wichtigste Wirtschaftspartnerin der Schweiz, im Betrachtungszeitraum ihre Verhandlungen mit Japan und den Mercosur-Staaten abgeschlossen. Diese zwei Abkommen zeigen, dass es die EU versteht, ihre Handelspolitik mit strategischen Partnern voranzutreiben. Damit festigt die EU nicht nur ihre wirtschaftliche Stellung auf den beiden Kontinenten, sondern nutzt auch die Gelegenheit, ihre neuen Partner für zwei Bereiche mit hohem Potenzial zu gewinnen: die Nachhaltigkeit und den Klimawandel. So beinhalten beide abgeschlossenen Abkommen diesbezügliche Verpflichtungen. Ein weiterer erwähnenswerter Aspekt ist der Schutz der geografischen Herkunftsangaben der EU und ihrer Partner, der ebenfalls in die Vereinbarungen aufgenommen wurde. In einer Zeit, in der sich Konsumenten und Akteure der Zivilgesellschaft für konkrete Massnahmen zugunsten des Klimas einsetzen, unter anderem mittels eines vernünftigen Konsums von landwirtschaftlichen Produkten, inspiriert die EU mit zukunftsweisenden und über die wirtschaftliche Dimension hinausgehenden Abkommen zweifelsohne die internationale Gemeinschaft. Die EU geht klar einen Schritt weiter als in ihren bisherigen Handelsbeziehungen, indem sie den zentralen Faktoren Umwelt und Nachhaltigkeit Rechnung trägt. Und das, obwohl sie aufgrund der Entscheidung des Vereinigten Königreichs, die EU zu verlassen, wahrscheinlich ihre Grenzen wird neu definieren müssen. In naher Zukunft werden wir endlich die Modalitäten des kurz bevorstehenden Austritts kennen.
Gleichzeitig werden wir sehen, ob die Mitglieder der Welthandelsorganisation, die sich mit grundlegenden Fragen auseinanderzusetzen hat, sich für eine Umgestaltung und somit für eine Reform der Handelsregeln entscheiden können, die auf die nachhaltige Entwicklung aller Länder abzielt. Denn es ist offensichtlich, dass die Organisation ohne frischen Wind ihren alten Schwung nicht wiederfinden wird, der früher ihre 160 Mitglieder dazu motivierte, alles zu unternehmen, um auch den ärmsten Ländern mittels für alle vorteilbringender Handelsregeln einen Ausweg aus ihrer dramatischen Situation zu ermöglichen.
Das Agrarland Schweiz muss seinerseits seine Handelsbeziehungen vorantreiben, um wettbewerbsfähig zu bleiben. In diesem Sinne hat die Schweiz Abkommen mit Indonesien, den Mercosur-Staaten und dem Vereinigten Königreich unterzeichnet. Diese neuen Abkommen konnten nicht nur ohne massgebliche negative Auswirkungen auf die inländische Agrarproduktion abgeschlossen werden, sondern sie haben auch den Vorteil, Absatzmöglichkeiten für qualitätsvolle Exportprodukte zu eröffnen und zum ersten Mal den Verfassungsgrundsatz des nachhaltigen Handels in einem Handelsabkommen zu verankern.
Dieses Kapitel fasst zuerst diese verschiedenen Entwicklungen zusammen und beschreibt dann die Bestrebungen des BLW bezüglich Modellierung handelspolitischer Szenarien, die zum Ziel haben, die Prozesse vor und soweit möglich auch nach den Verhandlungen zu begleiten.
Krisztina Bende, BLW, Fachbereich Handelsbeziehungen
Alwin Kopse, BLW, Fachbereich Internationales, Nachhaltige Entwicklung, Ernährungssysteme
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