Freihandelsabkommen
Um den Marktzugang von Schweizer Unternehmen zu verbessern und eine Diskriminierung auf ausländischen Märkten bestmöglich zu verhindern, ist es aus makroökonomischer Sicht für die Schweiz insbesondere vor dem Hintergrund der weltweit zunehmenden regionalen Liberalisierungsbestrebungen sowie der global zunehmenden politischen Unsicherheit wichtig, ihrerseits moderne und umfassende Freihandelsabkommen abzuschliessen.
Auch 2019 war die Schweiz daher bestrebt, ihr weltweites Netz von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten weiter auszubauen oder zu modernisieren. Neben der Europäischen Freihandelsassoziationskonvention (EFTA-Konvention) und dem Freihandelsabkommen mit der EU umfasst dieses Netzwerk 30 Abkommen mit 40 Partnern. Bis auf die Abkommen mit China, Japan und den Färöern wurden alle Abkommen im Rahmen der EFTA abgeschlossen.
Die Bestimmungen über den Warenverkehr innerhalb der Abkommen beinhalten auch Regelungen für Agrarprodukte. Aufgrund der unterschiedlichen Agrarpolitiken und Sensitivitäten der einzelnen EFTA-Staaten werden die Bestimmungen über den Zugang zu den Agrarmärkten innerhalb dieser Abkommen bilateral durch jedes EFTA-Mitglied verhandelt. Alle Zollkonzessionen, die die Schweiz ihren Freihandelspartnern gewährt, sind so austariert, dass sie den Interessen der Partnerländer bestmöglich entgegenkommen und gleichzeitig mit der Schweizer Landwirtschaft vereinbar sind. Im Gegenzug bemüht sich die Schweiz, in den Verhandlungen möglichst weitgehende Konzessionen für Agrarprodukte mit hohem Exportpotenzial wie Käse und andere Milchprodukte, Trockenfleisch, Getränke, Schokolade und Zuckerwaren zu erhalten.
Den Anliegen der Gesellschaft sollen auch in Freihandelsabkommen Rechnung getragen werden. Wichtige Themen wie Nachhaltigkeit und Tierwohl werden mit den Partnerstaaten angesprochen und soweit möglich in die Abkommen integriert.
Aktuelle Entwicklungen bei den Freihandelsabkommen im Rahmen der EFTA
Abgeschlossene Verhandlungen
Das umfassende Freihandelsabkommen zwischen Indonesien und den EFTA-Staaten konnte zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden und wurde im Dezember 2018 unterzeichnet. Damit wird die EFTA der erste Freihandelspartner Indonesiens in Europa. Neben weitreichenden Konzessionen für schweizerische Industrieprodukte und landwirtschaftliche Erzeugnisse enthält das Abkommen auch Bestimmungen zu Handel und nachhaltige Entwicklung, die unter anderem den Import von indonesischem Palmöl in die Schweiz regeln.
Im August 2019 schloss die Schweiz ihre Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay) ab. Das Abkommen, das Anfang 2020 unterzeichnet werden soll, beinhaltet im Bereich Landwirtschaft Zugeständnisse für die wichtigsten Exportprodukte dieser Länder, nämlich Fleisch, Rotwein und einige Futtermittel. Die Agrarexporte dieser Länder machen etwa 40 % ihrer weltweiten Gesamtexporte (ohne Gold) aus. Die Schweiz ihrerseits hat für ihre Exportprodukte, nämlich Käse, Getränke und Produkte der Nahrungsmittelindustrie, einen präferentiellen Zugang erhalten. Darüber hinaus verpflichteten sich die Vertragsparteien, den Dialog über Lebensmittelsysteme, nachhaltige Landwirtschaft und Tierschutz aufzunehmen. Es gibt weiterhin nicht tarifäre Bestimmungen für die Einfuhr von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen, um den Anforderungen der Konsumenten an gesunde Produkte gerecht zu werden.
Das im Juni 2018 abgeschlossene Freihandelsabkommen mit Ecuador befindet sich noch im Ratifikationsprozess. Das Abkommen wird frühestens Anfang 2020 in Kraft treten.
Laufende Verhandlungen
Die EFTA-Staaten handeln derzeit Freihandelsabkommen mit Indien, Malaysia und Vietnam aus.
Malaysia: Die letzte Verhandlungsrunde fand im Frühling 2017 statt. Seither konnte keine weitere Verhandlungsrunde durchgeführt werden, da Malaysia vorerst seine Freihandelspolitik vor dem Hintergrund der Nicht-Ratifikation des Trans-Pacific Partnership (TPP) durch die USA einer Neubeurteilung unterziehen wollte. In der Zwischenzeit gab es 2018 auch einen Regierungswechsel. Von malaysischer Seite ist eine Entscheidung des Kabinetts nötig, um die Verhandlungen weiterzuführen. Zur Vorbereitung der Kabinettsentscheidung analysiert Malaysia derzeit das Abkommen EFTA-Indonesien, welches im Bereich Palmöl für die Schweiz als Grundlage für das Abkommen mit Malaysia dienen wird.
Vietnam: Die Verhandlungen, die 2012 aufgenommen wurden, verlaufen schleppend. Die letzte Verhandlungsrunde fand im Mai 2018 statt. Vietnam und die EU haben ihre Verhandlungen bereits 2015 abgeschlossen und im Juni 2019 das Abkommen unterzeichnet. Die Hoffnung besteht, dass die Unterzeichnung mit der EU die EFTA-Verhandlungen positiv beeinflussen könnte. Die EFTA-Staaten streben ein Abkommen mit vergleichbaren Ambitionen wie die EU an. Vietnam exportiert aber nur wenige Agrarprodukte in die Schweiz, in erster Linie Fisch und Meeresfrüchte, was ihr Interesse an einem Abkommen limitiert.
Südafrikanische Zollunion (SACU): Seit 2008 besteht ein Abkommen zwischen der SACU und den EFTA-Staaten, das unter anderem den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen umfasst. Die beiden Parteien haben beschlossen, das Abkommen aufgrund dessen Überprüfungsklausel und der spezifischen Interessen beider Parteien beim Agrarhandel zu revidieren. In diesem Rahmen fanden bisher insgesamt fünf Verhandlungsrunden zur Modernisierung statt, an denen diese Interessen wie auch gewisse Forderungen bezüglich der Formulierung des Abkommens herauskristallisiert wurden. Eine nächste Verhandlungsrunde ist auf Dezember 2019 angesetzt.
Explorationen
Seit Ende 2018 führt die Schweiz bilateral explorative Gespräche mit den USA, die sich vor allem darauf konzentrieren, über die Besonderheiten der schweizerischen Landwirtschaft und Landwirtschaftspolitik zu orientieren. Diese Diskussionen sollen aufzeigen, ob für beide Länder beim Liberalisierungsgrad der Landwirtschaft ein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann, um in formelle Verhandlungen eintreten zu können.
Ausserdem werden Kontakte zu verschiedenen Staaten in Asien und Subsahara-Afrika gepflegt.
Kilian Widmer, Fachbereich Handelsbeziehungen, kilian.widmer@blw.admin.ch
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