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In Europa sind zahlreiche Länder in Bezug auf Kulturlandverlust mit ähnlichen Herausforderungen wie die Schweiz konfrontiert. Ein Vergleich der verschiedenen Ansätze zur Erhaltung des Kulturlandes zeigt, dass die Schweiz mit dem Sachplan Fruchtfolgeflächen (FFF) über ein wirkungsvolles Instrument verfügt. Dieses muss aber fit für die Zukunft gemacht werden. Die Überarbeitung des Sachplans FFF wurde 2015 in die Wege geleitet und steht kurz vor dem Abschluss. Weitere Anstrengungen sind jedoch nötig, um das wertvolle Kulturland auch in Zukunft erhalten zu können.

Andere Länder, andere Instrumente: Verschiedene Ansätze im Kulturlandschutz

Die Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung führte in den letzten Jahrzehnten zu einem stetigen Verlust von Kulturland in Industrieländern. Verschiedene Massnahmen wurden ergriffen mit dem Ziel, diesen Trend zu stoppen. Ein Vergleich der Instrumente zum Schutz des Kulturlandes in der Schweiz und ausgewählten europäischen Ländern (Studie WSL, 2016) zeigt deutliche Unterschiede auf. Diese sind unter anderem auf unterschiedliche Planungssysteme und Kompetenzverteilungen zwischen den Staatsebenen zurückzuführen. Es werden aber auch Gemeinsamkeiten festgestellt.

Verbreitet werden auf nationaler und regionaler Ebene verschiedene Typen landwirtschaftlicher Vorrangflächen ausgeschieden, um besonders fruchtbare Böden zu erhalten (bspw. in Deutschland, Österreich, Frankreich, Grossbritannien und Portugal). Vorrangflächen unterstützen die Steuerung der räumlichen Entwicklung und geben der Erhaltung des Kulturlandes ein Gewicht in der Interessenabwägung. Auch der Schweizer Sachplan FFF bezeichnet landwirtschaftliche Vorrangflächen, die auf die Ernährungssicherung ausgerichtet sind.

Aussergewöhnlich am Sachplan FFF und im europäischen Vergleich einzigartig ist, dass er einen Mindestumfang an Fruchtfolgeflächen definiert, die zu erhalten sind. Diese verbindliche Regelung wird in der Studie positiv bewertet. Es wird nämlich festgestellt, dass fehlende quantitative Vorgaben dazu führen, dass mit dem Instrument der Vorrangflächen oft kein langfristiger Schutz des Kulturlandes erreicht wird, weil die Flächen über die Jahre zu Gunsten der wirtschaftlichen Entwicklung reduziert werden.

Andere Modelle setzen beim Flächenverbrauch an: In Deutschland, Österreich und Frankreich bestehen nationale Zielvorgaben für den maximalen Flächenverbrauch durch Siedlungen und Infrastrukturen. In verschiedenen Ländern (Bulgarien, Tschechien, Slowakei, Polen) ist bei der Nutzungsumwandlung von Landwirtschaftsböden eine Abgabe zu zahlen. Auch die Kombination von verschiedenen Ansätzen kommt zur Anwendung (Niederlande).

Insgesamt weisen die Resultate der Studie darauf hin, dass ein effektiver Kulturlandschutz am besten durch die flächendeckende Umsetzung mehrerer, sich verstärkender Instrumente zur Erhaltung des Kulturlandes und zur Steuerung der Siedlungsentwicklung erreicht wird. In der Schweiz wurden mit der ersten Teilrevision des Raumplanungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Steuerung der Siedlungsentwicklung nach innen verbessert. Ebenfalls als wichtig erachtet werden quantitative Festlegungen, welche die Schutzziele messbar machen, wie dies im Sachplan FFF der Fall ist. Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit eines Instrumentes ist in jedem Fall dessen konsequente Umsetzung.

Der Sachplan Fruchtfolgeflächen wird fit für die Zukunft

Der erwähnte Ländervergleich der Instrumente zum Schutz des Kulturlandes stellt dem Sachplan FFF insgesamt zwar ein gutes Zeugnis aus. Doch der Sachplan von 1992 ist in die Jahre gekommen und weist auch Schwächen auf, insbesondere im Bereich der Datengrundlagen, welche von Kanton zu Kanton stark variieren. Eine Hauptherausforderung ist die langfristige Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit der FFF. Zudem steht das Kulturland nach wie vor unter Druck.

Angesichts dieser Herausforderungen beschloss der Bundesrat 2015 die Überarbeitung des Sachplans FFF. Diese sollte den Sachplan stärken und zugleich Flexibilisierungen prüfen, um Handlungsspielraum für die räumliche Entwicklung zu erhalten. Die Überarbeitung wurde unter Federführung des Bundesamts für Raumentwicklung in Zusammenarbeit mit den Bundesämtern für Landwirtschaft und für Umwelt vorgenommen und steht kurz vor dem Abschluss. Die Arbeiten stützten sich auf Empfehlungen einer Expertengruppe, die zwischen 2016 und 2018 den Sachplan kritisch unter die Lupe genommen hatte.

Das Kernstück des Sachplans bleibt der schweizweit zu erhaltende Mindestumfang von 438 460 ha Fruchtfolgeflächen. Jeder Kanton hat entsprechend seiner Grösse, seiner naturräumlichen und klimatischen Voraussetzungen ein festgelegtes Kontingent zu sichern.

Verteilung der FFF-Kontingente auf die Kantone
 

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Der Sachplan wurde in eine aktuelle Form gebracht und behördenverbindliche Grundsätze zum Umgang mit FFF formuliert. Diese sollen dazu beitragen, den Verbrauch von wertvollem Kulturland zu bremsen oder, sofern er nicht vermeidbar ist, durch die Aufwertung von degradierten Böden zu kompensieren. Damit können sich die Kantone Handlungsspielraum erhalten.

Der aktuelle Stand ist auf der Homepage des Bundesamts für Raumentwicklung abrufbar: Link

Herausforderung: Bodendaten vervollständigen

Seit langem weisen Fachleute darauf hin, dass es für einen wirksamen Kulturlandschutz nebst geeigneten Steuerungsinstrumenten auch flächendeckende und einheitliche Bodendaten braucht. Denn ohne eine zuverlässige Beschreibung der Böden ist es kaum möglich, besonders wertvolle Böden langfristig zu erhalten. Die Schweiz hat im Vergleich zu anderen Ländern, beispielsweise Deutschland und Österreich, eine schlechtere Datengrundlage.

Eine Studie (Rehbein et al., 2019), die im Rahmen der Überarbeitung des Sachplans FFF in Auftrag gegeben wurde, gibt den aktuellen Stand der Bodenkartierung in der Schweiz wieder:
 

Bodenkartierung auf Landwirtschaftsflächen

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Bodenkartierung auf Landwirtschaftsflächen gemäss Arealstatistik NOAS04 (Klassen 6 – 8), dargestellt nach vorhandenen kategorisierten Bodeninformationen.


Für lediglich 13 % der Landwirtschaftsflächen oder rund 127 000 ha liegen qualitativ ausreichende Bodeninformationen vor (Kategorie A, dunkelgrün). Für 6 % der Landwirtschaftsflächen liegen ältere Bodeninformationen vor, die aufzubereiten (Kategorie B, hellgrün) bzw. im Feld zu verifizieren sind (Kategorie C, gelb). Für 81 % der Landwirtschaftsflächen oder 784 000 ha liegen qualitativ ungenügende (Kategorie D, orange) oder keine Bodenkarten (rot) vor, diese gilt es neu zu kartieren.

Gemäss Schätzungen des Nationalen Forschungsprogramms NFP 68 «Nachhaltige Nutzung der Ressource Boden» (Keller et al., 2018) würden sich die Kosten für eine landesweite Bodenkartierung auf 200 bis 500 Millionen Franken belaufen. Jeder für die Erhebung von Bodeninformationen investierte Franken würde einen Mehrwehrt im Bereich von 2 bis 13 Franken generieren, z.B. über vermiedene Schadenskosten und eine optimierte Bodennutzung. Für die Kartierung stehen Methoden zur Verfügung, welche Untersuchungen im Feld mit modernen Mitteln der Fernerkundung kombinieren.

Ausblick: Bodenfunktionsbewertung

Eine weitere Phase der Überarbeitung des Sachplans FFF ist bereits angedacht. Ergänzende Möglichkeiten, welche sich mit dem flächendeckenden Vorliegen von Bodendaten ergeben, sollen geprüft werden. Dazu gehört die Bodenfunktionsbewertung, die in verschiedenen deutschen und österreichischen Bundesländern bereits angewendet wird (WSL, 2016). Das Instrument berücksichtigt die Multifunktionalität der Ressource Boden und erlaubt es, Bodeninformationen nutzerfreundlich kartographisch darzustellen. Damit bildet es eine hilfreiche Grundlage für die Standortevaluationen und für raumplanerische Interessenabwägungen durch die Behörden auf allen Ebenen.

Irene Roth, BLW, Fachbereich Meliorationen, irene.roth@blw.admin.ch

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