Neubau für eine gemeinsame zentrale Alpkäserei
Der Urnerboden ist die grösste und eine der schönsten Kuhalpen der Schweiz. Um die Wertschöpfung aus der Alpung mit 1200 Kühen zu erhöhen und das Einkommen der 48 Älplerbetriebe nachhaltig zu sichern, realisierte die Alpkäserei Urnerboden AG eine zentrale Alpkäserei. Nach einer umfangreichen, intensiven Projektierungs- und Bauphase konnte die neue Alpkäserei im Sommer 2014 ihren Betrieb aufnehmen. Die Vermarktung des Alpkäses und von Joghurt ist sehr gut angelaufen. Nach den ersten Betriebsjahren kann erfreut festgestellt werden, dass die Alpkäserei Urnerboden AG erfolgreich gestartet ist. Mut und Weitblick der Älpler und Älplerinnen haben sich gelohnt.
Der Urnerboden in der Gemeinde Spiringen ist einerseits ein Weiler, welcher ganzjährig von ungefähr 30 Personen bewohnt wird, andererseits auch die bedeutendste Kuhalp im Kanton Uri. 48 Älplerbetriebe bestossen die Alp Urnerboden mit 1200 Kühen. Die gesamte Alpzeit beträgt durchschnittlich 100 Tage, wovon sieben Wochen auf dem Urnerboden und sieben Wochen auf Oberstafeln gealpt wird. Die Gebäude sind im Baurecht der Älpler erstellt, Grund und Boden hingegen sind im Eigentum der Korporation Uri. Auf dem Urnerboden wohnen zudem ganzjährig rund 30 Personen.
Während der Alpzeit fallen auf dem Urnerboden und den Oberstafeln 1,4 Millionen Kilogramm Milch an. Eine kleinere Milchmenge wurde bisher vor Ort zu Käse verarbeitet, den grössten Teil (rund 1 Million Kilogramm) lieferten die Alpbetriebe von 1998 bis 2007 in die Schaukäserei Airolo. Ab 2008 wurde die Milch über die Organisation der Zentralschweizer Milchproduzenten verkauft. Aufgrund des sinkenden Milchpreises und der steigenden Transportkosten entschlossen sich die Älpler, die Vision einer eigenen, zentralen Alpkäserei zu verwirklichen.
Von der Vision zur Realisierung
Die Alpsennengenossenschaft Urnerboden befasste sich schon seit längerer Zeit mit dem Bau einer zentralen Alpkäserei. Im Jahre 2007 wurden erste Vorabklärungen zur Frage der Wirtschaftlichkeit gemacht. Aufgrund der kurzen Alpzeit stellte sich die Frage, ob nicht eine ganzjährig nutzbare Bergkäserei im Raum Schächental gesamthaft eine bessere Lösung darstellen würde. Die Planerfolgsrechnungen beigezogener Branchenkenner zeigten jedoch auf, dass die Wertschöpfung einer Alpkäserei wesentlich besser ist als diejenige einer Bergkäserei. Alpkäse als Spezialität ist gut zu vermarkten und erzielt gegenüber Bergkäse einen wesentlich höheren Marktpreis. An der ausserordentlichen Generalversammlung der Alpsennengenossenschaft vom 25. April 2009 haben die Älpler darauf grossmehrheitlich beschlossen, das Projekt einer zentralen Alpkäserei weiter zu verfolgen.
Zur Weiterbearbeitung des Projektes galt es in den Bereichen Trägerschaft/Finanzierung, Projekt/Einrichtungen, Logistik und Marktaufbau Grundlagen zu beschaffen. Die Älpler haben dazu vier Arbeitsgruppen gebildet und Fachleute beigezogen. In regelmässigen Koordinationssitzungen wurden die notwendigen Entscheide gemeinsam getroffen. Daraus resultierte das Bauprojekt der Alpkäserei mit folgendem Raumkonzept:
im Erdgeschoss: Milchannahme/-lagerung und -aufbereitung; Käsefabrikation mit Käsefertiger von 5500 Liter; Salzbad, Käsekeller und Verkaufsladen
im ersten Obergeschoss: Stückgutheizung, Holzlager, Technik und Steuerung; Studio für Angestellte und Büro Betriebsleitung
im zweiten Obergeschoss: Betriebsleiterwohnung und Lagerraum
Die anfallende Schotte wird abgeführt und zur Schweinemast oder in einer Biogasanlage verwertet. In das Vorprojekt wurde auch eine Notstromversorgungsanlage des Elektrizitätswerks Altdorf für den Urnerboden integriert. Die Kosten betrugen insgesamt rund 6 Millionen Franken.
Der Käsekeller auf dem Urnerboden ermöglicht es, 3600 Laibe oder 25 Tonnen Käse zu lagern. Der Rest muss in einem externen, ausserkantonalen Ausreifungslager untergebracht werden. Mittelfristig wird angestrebt, im Kanton Uri ein zentrales Ausreifungslager für Urner Alpkäse zu realisieren.
Mit dem Standort der Alpkäserei beim Weiler Port wurde eine gute Wahl getroffen, da die Lage an der Klausenpassstrasse ideal ist für die Direktvermarktung der Alpprodukte. Damit die Baubewilligung erteilt werden konnte, war eine Zonenplanänderung (Umzonung in Gewerbezone) erforderlich, welche die Gemeinde Spiringen am 12. Mai 2011 erteilte. Das Gebäude wurde im Baurecht auf Grund und Boden der Korporation Uri erstellt.
Grosse Herausforderung mit Chancen und Risiken
Die Alpsennengenossenschaft Urnerboden war sich bewusst, dass neben dem Bau der Alpkäserei die grösste Herausforderung der Produkteverkauf zu fairen Konditionen ist. Da die Alpkäserei auf eine Produktion von maximal 120 Tonnen Alpkäse ausgelegt ist, war es wichtig, einen verlässlichen und umsatzstarken Partner für den Käseabsatz zu gewinnen. Der Markteintritt sollte deshalb auch in Schritten erfolgen, um die Risiken im Verkauf zu minimieren.
In einer ersten Phase wurde eine Vermarktung von Alpkäse in der Grössenordnung von 60 bis 80 Tonnen angestrebt. Obwohl allseits grosses Interesse gezeigt wurde, konnten lediglich Absichtserklärungen ausgehandelt werden, nicht aber verbindliche Zusagen oder Vorverträge. Damit war klar, dass der Markteintritt nicht einfach sein wird und zielgerichtet aufzubauen ist. Zur Stärkung des Marktauftritts wurde dazu das einheitliche Logo «Alpkäse Urnerboden» entwickelt und als geschützte Marke registriert.
Das Projekt Alpkäserei Urnerboden hatte nur eine Chance zur Realisation, wenn die Investition für die Älpler finanzier- und tragbar sein würde. Neben den Beiträgen und einem zinslosen Kredit nach landwirtschaftlicher Strukturverbesserungsverordnung (Bund/Kanton) und einem Beitrag der Korporation Uri in der Höhe von insgesamt 3,38 Millionen Franken verblieben Restkosten von 2,62 Millionen Franken. Diese Restkosten konnten die Älpler alleine nicht aufbringen und waren auf weitere Unterstützung Dritter angewiesen. Erste Kontakte mit der Schweizer Berghilfe und weiteren Spendern gaben grosse Hoffnung, dass die Finanzierung gelingen könnte. Dank einer aussergewöhnlichen Solidarität konnten schlussendlich Spenden und private Darlehen von rund 1,5 Millionen Franken verbucht werden.
Das fertiggestellte Gebäude der Alpkäserei Urnerboden.
Als Trägerschaft der neuen Alpkäserei wurde am 9. März 2012 die Aktiengesellschaft Alpkäserei Urnerboden mit Sitz in der Gemeinde Spiringen gegründet. Als alleinige Aktionärin zeichnete vorerst die Alpsennengenossenschaft Urnerboden ein Aktienkapital von 136 000 Franken. In weiteren Schritten konnte das anvisierte Aktienkapital von 900 000 Franken auf über 1 148 750 Franken erhöht werden. Zur Zeichnung der Aktien wurden total 8545 Stimmrechtsaktien mit einem Nennwert von je 50 Franken an die Milchproduzenten/Älpler (total 427 250 Franken) und 1443 Namenaktien mit einem Nennwert von je 500 Franken an die übrigen Aktionäre (total 721 500 Franken) ausgegeben. Mit diesem Verteilschlüssel ist die Stimmenmehrheit der Älplerinnen und Älpler gesichert.
Der Landrat des Kantons Uri hat mit Kreditbeschluss vom 21. Mai 2012 an den Neubau der Alpkäserei Urnerboden, Spiringen, einen Kantonsbeitrag von pauschal 571 000 Franken zugesichert. Für den Investitionskredit des Bundes in der Höhe von 1,6 Millionen Franken wurde gleichzeitig eine Bürgschaft von 400 000 Franken übernommen. Das Bundesamt für Landwirtschaft hat seinerseits am 26. September 2012 einen Beitrag von 634 000 Franken zugesichert. Der Spatenstich zum Bau der Alpkäserei fand am 14. Mai 2013 statt. Am 28. Juni 2014 konnte die Alpkäserei Urnerboden AG mit den Älplern und den geladenen Gästen die Eröffnung der Alpkäserei feiern.
Aktueller Stand und Ausblick
Mit dem Bau der Alpkäserei Urnerboden konnte der Preiszerfall beim Milchgeld für die Älpler gestoppt werden. In den ersten Betriebsjahren stand der Marktaufbau im Vordergrund. Die zu verarbeitende Milchmenge richtet sich nach dem laufenden Aufbau des Produkteabsatzes und beträgt nach den ersten Produktionsjahren 600 000 kg. Diese Milchmenge soll in den nächsten Jahren schrittweise auf mindestens 900 000 kg erhöht werden. Bis dahin wird die restliche Milch nach wie vor als Industriemilch verkauft. Die Herstellung der Alpprodukte wird laufend nach dem Markt und der Nachfrage ausgerichtet. So werden nebst Alpkäse und Mutschli auch Raclettekäse, Joghurt und Butter angeboten.
Die Beteiligten an diesem Jahrhundertprojekt sind zuversichtlich, dass der bis anhin erzielte Milchpreis von 73 Rp./kg Milch noch gesteigert werden kann. Der bisherige Erfolg zeigt, dass langfristig eine sehr gute Wertschöpfung bei Vollbetrieb der Alpkäserei möglich ist. Die engagierten Älplerinnen und Älpler vom Urnerboden haben die Weichen dazu gestellt.
Alois Ulrich, Abteilungsleiter Amt für Landwirtschaft Kt. UR, alois.ulrich@ur.ch
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